Europäische Institut für Menschenrechte - Prof. Dr. Dr. Ümit Yazıcıoğlu -
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Bundeszentralregister: Wie geht man bei einer Löschung oder Auskunft vor?

Bundeszentralregister: Wie geht man bei einer Löschung oder Auskunft vor?

Prof. Dr. Dr. Ümit Yazıcıoğlu

 

Das Bundeszentralregister (BZRG) spielt eine zentrale Rolle im deutschen Rechtssystem, indem es die Daten von Personen speichert, die rechtskräftig aufgrund von Straftaten verurteilt wurden. Es dient sowohl der rechtlichen Aufarbeitung als auch der Information über das Vorstrafenregister einer Person. In diesem Essay wird erläutert, wie das Verfahren für die Löschung von Einträgen im Bundeszentralregister abläuft, welche Rechte die betroffenen Personen haben und welche Auswirkungen dies auf das Führungszeugnis hat.


Das Bundeszentralregister und seine Funktion

 

Das Bundeszentralregister ist eine zentrale Datenbank, die alle rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilungen speichert. Diese beinhalten sowohl Freiheits- als auch Geldstrafen. Eintragungen im Register sind nicht dauerhaft, sondern werden nach festgelegten Fristen automatisch gelöscht. Das Register dient dazu, strafrechtliche Verurteilungen im öffentlichen Interesse festzuhalten, insbesondere für Behörden, Arbeitgeber und andere Institutionen, die über die Vorstrafen einer Person informiert werden müssen.

 

Die Löschung von Einträgen im Bundeszentralregister erfolgt grundsätzlich automatisch nach einer festgelegten Frist. Diese Fristen variieren je nach Art und Schwere der Verurteilung und können nach § 46 BZRG zwischen 5 und 15 Jahren liegen. Wenn jedoch eine Person der Ansicht ist, dass eine vorzeitige Löschung ihrer Einträge gerechtfertigt ist, kann sie einen Antrag stellen.

Selbstständige Löschungsanträge

 

Es ist möglich, dass betroffene Personen vorzeitig eine Löschung ihrer Daten aus dem Register beantragen. Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn die Strafe vollständig verbüßt wurde und keine weiteren Straftaten begangen wurden. Laut § 49 BZRG kann in besonderen Härtefällen eine vorzeitige Löschung genehmigt werden. Ein solcher Antrag wird jedoch nicht leichtfertig genehmigt, da die Hürden hoch sind.

 

Die Rechtsprechung betrachtet vorzeitige Löschungen nur dann als gerechtfertigt, wenn sie eine unzumutbare Härte für die betroffene Person darstellen. Diese Härte muss allerdings über das hinausgehen, was im normalen Verlauf des Gesetzes vorgesehen ist. Berufliche Nachteile oder Probleme bei der Einbürgerung, die häufige Szenarien für eine Löschung sind, sind in der Regel nicht ausreichend, um eine vorzeitige Löschung zu rechtfertigen. Ein besonderer Härtefall muss also vorliegen, etwa in Fällen, in denen das Warten auf die reguläre Löschfrist für den Betroffenen gesellschaftlich kaum noch verständlich ist.

 

Automatische Löschungsperioden

 

Die automatische Löschung erfolgt in der Regel nach 15 Jahren, wobei in bestimmten Fällen auch kürzere Fristen von 10 oder 5 Jahren zur Anwendung kommen können. Dies ist abhängig von der Art der Verurteilung und davon, ob in der Zwischenzeit weitere Straftaten begangen wurden. Zum Beispiel wird ein Eintrag aus dem Register nach fünf Jahren gelöscht, wenn eine Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe von bis zu drei Monaten verhängt wurde, ohne dass es weitere Eintragungen gibt. Werden dagegen schwerere Straftaten begangen oder besonders schwerwiegende Maßnahmen angeordnet, wie etwa eine lebenslange Freiheitsstrafe, bleibt der Eintrag im Register bestehen.

 

Besondere Regelungen gelten auch für die Löschung von Einträgen aus dem erweiterten Führungszeugnis. Diese betrifft vor allem Verurteilungen im Bereich des Kindes- und Jugendschutzes sowie bei schwerwiegenden Straftaten im beruflichen Kontext.

 

Löschungsfristen im Bundeszentralregister: Regelungen und Ausnahmen

 

Die Löschungsfristen im Bundeszentralregister (BZR) beziehen sich auf die Fristen, nach denen bestimmte Einträge im Register gelöscht werden, nachdem die Strafe verbüßt wurde oder bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Das Bundeszentralregister speichert strafrechtliche Verurteilungen, die in Deutschland rechtskräftig wurden. Diese Einträge können eine dauerhafte Auswirkung auf das Führungszeugnis einer Person haben.

 

Die Löschungsfristen sind in der Bundeszentralregisterverordnung (BZRG) geregelt und hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa der Schwere der Straftat, der Strafe, der Art der Verurteilung und dem Alter der Person zum Zeitpunkt der Verurteilung.

 

1. Reguläre Löschungsfristen:

Die Fristen variieren je nach Art der Verurteilung. Grundsätzlich gibt es für jede Verurteilung bestimmte Zeiträume, nach denen die Einträge gelöscht werden. Hier sind die wichtigsten Regelungen:

a. Strafmaß und Löschungsfristen:

  • Verurteilungen zu Freiheitsstrafe (ohne Bewährung):
    • Freiheitsstrafe bis 3 Monate: Die Löschung erfolgt nach 5 Jahren.
    • Freiheitsstrafe von 3 bis 5 Jahren: Die Löschung erfolgt nach 10 Jahren.
    • Freiheitsstrafe von mehr als 5 Jahren: Die Löschung erfolgt nach 15 Jahren.
  • Verurteilungen mit Freiheitsstrafe auf Bewährung:
    • Wenn eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde, erfolgt die Löschung nach einer Frist von 5 Jahren, sofern die Person während dieser Zeit keine weiteren Straftaten begeht und die Bewährungsauflagen erfüllt.
  • Verurteilungen zu Geldstrafe:
    • Geldstrafen (auch wenn diese gegen eine Person verhängt wurden, die eine geringe Strafe für eine Straftat erhalten hat) können nach einer Frist von 5 Jahren gelöscht werden.
  • Verurteilungen zu Jugendstrafen:
    • Bei Verurteilungen im Jugendstrafrecht gelten ebenfalls Löschfristen, aber diese sind oft kürzer als bei Erwachsenen:
      • Verurteilung zu einer Jugendstrafe von bis zu 2 Jahren: Löschung erfolgt nach 5 Jahren.
      • Verurteilung zu einer Jugendstrafe von mehr als 2 Jahren: Löschung erfolgt nach 10 Jahren.

b. Eintragungen, die automatisch gelöscht werden:

  • Einträge, die aufgrund von geringfügigen Straftaten (z.B. geringfügige Diebstähle oder Ordnungswidrigkeiten) oder Verurteilungen unter 90 Tagessätzen gelöscht werden, verfallen automatisch nach 3 Jahren.
  • Einträge, die mit einer Verwarnung oder einer Geldbuße im Rahmen einer geringfügigen Straftat verbunden sind, werden ebenfalls nach einer Frist von 3 Jahren gelöscht.

c. Löschung nach bestimmten Zeiträumen für Bewährungstaten:

  • Wenn die Person eine Strafe zur Bewährung erhalten hat, aber keinen neuen Eintrag in dieser Frist hatte, kann der Eintrag nach Ablauf der Bewährungszeit gelöscht werden. Das bedeutet, dass Einträge, die nicht von neuen Verurteilungen betroffen sind, nach Ablauf der Frist automatisch verschwinden.

2. Ausnahmen und Sonderregelungen:

Es gibt auch Ausnahmen, bei denen bestimmte Einträge nicht gelöscht werden, selbst wenn die regulären Löschungsfristen abgelaufen sind. Diese betreffen insbesondere schwerwiegende Straftaten.

a. Besondere Fälle (z.B. für Sexualstraftaten):

  • Bei besonders schweren Straftaten, wie Verurteilungen wegen Sexualdelikten oder Tötungsdelikten, sind die Löschungsfristen verlängert oder es erfolgt eine dauerhafte Speicherung. Dies dient dem Schutz der Gesellschaft, insbesondere im Fall von Straftätern, die eine hohe Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen.

b. Verurteilungen im Bereich des Terrorismus oder bei schwerwiegenden Straftaten:

  • Bei Verurteilungen wegen Terrorismus oder besonders schwerer Kriminalität erfolgt eine längere Speicherung oder sogar eine dauerhafte Eintragung ins Bundeszentralregister. Hier sind die Löschfristen auf 30 Jahre ausgedehnt.

3. Löschung auf Antrag:

Es ist auch möglich, dass betroffene Personen selbst einen Antrag auf Löschung stellen können, wenn sie der Meinung sind, dass eine Eintragung zu Unrecht erfolgt ist oder nach der Frist nicht gelöscht wurde. Ein Löschungsantrag kann auch im Falle einer rehabilitierten Person gestellt werden, wenn diese nach einer Verurteilung ein positives Sozialverhalten an den Tag gelegt hat und keine weiteren Straftaten begangen hat.

a. Vorzeitige Löschung:

  • Vorzeitig können Einträge unter bestimmten Bedingungen gelöscht werden, wenn etwa keine weiteren Straftaten begangen wurden oder die Verurteilung einen geringen Schweregrad hatte.
  • Dies muss auf Antrag der betroffenen Person geprüft werden.

4. Zusammenfassung der wichtigsten Löschungsfristen:

Strafmaß

Löschungsfrist

Freiheitsstrafe bis 3 Monate

5 Jahre

Freiheitsstrafe von 3 bis 5 Jahren

10 Jahre

Freiheitsstrafe von mehr als 5 Jahren

15 Jahre

Geldstrafe

5 Jahre

Jugendstrafe bis 2 Jahre

5 Jahre

Jugendstrafe mehr als 2 Jahre

10 Jahre

Einträge wegen geringfügiger Straftaten

3 Jahre

Verurteilungen wegen Sexualdelikten

Sonderregelungen, evtl. dauerhafte Speicherung

Terrorismus- und schwerwiegende Straftaten

30 Jahre oder dauerhafte Speicherung

 

5. Fazit:

Die Löschungsfristen im Bundeszentralregister sind komplex und hängen von vielen Faktoren ab, insbesondere von der Art der Straftat und der verhängten Strafe. Während für die meisten Verurteilungen eine automatische Löschung nach bestimmten Fristen erfolgt, gibt es auch Ausnahmen für besonders schwere Vergehen. Eine vorzeitige Löschung ist ebenfalls möglich, wenn die betroffene Person Rehabilitation nachweisen kann.

 

Bundeszentralregister und Führungszeugnis

 

Das Führungszeugnis ist ein Auszug aus dem Bundeszentralregister und stellt eine Bescheinigung über die im Register verzeichneten Straftaten dar. Es gibt verschiedene Arten von Führungszeugnissen, die je nach Verwendungszweck unterschiedliche Eintragungen enthalten. Das einfache Führungszeugnis gibt Auskunft über alle nicht gelöschten Verurteilungen, während das erweiterte Führungszeugnis insbesondere Informationen über Verurteilungen enthält, die mit der Ausübung bestimmter Tätigkeiten, wie etwa der Arbeit mit Kindern, in Zusammenhang stehen.

 

Eine Person gilt grundsätzlich als vorbestraft, wenn sie im Bundeszentralregister eingetragen ist, unabhängig davon, ob sie ein Führungszeugnis beantragt hat oder nicht. Die Beantragung eines Führungszeugnisses erfolgt entweder aus privaten oder beruflichen Gründen, beispielsweise bei der Bewerbung für eine Stelle oder im Rahmen der Einbürgerung. In beiden Fällen wird die Vorstrafe berücksichtigt, es sei denn, der Eintrag wurde bereits gelöscht.

 

Besondere Regelungen bei Cannabis-Strafdelikten

 

Eine der aktuelleren Entwicklungen im deutschen Recht betrifft die Regelungen zu Cannabis-Delikten. Mit dem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes (CanG) wird erwartet, dass Einträge im Bundeszentralregister, die aufgrund von Straftaten im Zusammenhang mit Cannabis bestehen, gelöscht werden können, wenn diese Straftaten nach dem neuen Recht nicht mehr strafbar sind. Dies betrifft insbesondere Personen, die wegen geringfügiger Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt wurden und nun eine Löschung ihrer Einträge anstreben können.

Fazit

 

Das Bundeszentralregister ist eine wesentliche Einrichtung zur Aufzeichnung und Überwachung strafrechtlicher Verurteilungen. Betroffene Personen haben die Möglichkeit, eine Löschung ihrer Einträge zu beantragen, sei es durch automatische Löschung nach einer bestimmten Frist oder durch einen vorzeitigen Antrag im Falle von Härtefällen. Für die betroffenen Personen kann eine Löschung weitreichende positive Auswirkungen auf ihre berufliche und gesellschaftliche Integration haben. Allerdings bleibt die Hürde für eine vorzeitige Löschung hoch, und nicht jeder Antrag wird genehmigt. In allen Fällen stellt das Bundeszentralregister einen zentralen Bestandteil des deutschen Rechtssystems dar und trägt dazu bei, die Rechte von Verurteilten und die öffentliche Ordnung in Einklang zu bringen.

 

26 November 2024, Lüksemburg

 

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