Europäische Institut für Menschenrechte - Prof. Dr. Dr. Ümit Yazıcıoğlu -
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Beihilfe zur gewerbsmäßigen Bandenhehlerei: Auslegung und Anwendbarkeit im Kontext aktueller Rechtsprechung

Beihilfe zur gewerbsmä-ßigen Bandenhehlerei: Auslegung und Anwend-barkeit im Kontext aktuel-ler Rechtsprechung

 

Prof. Dr. Dr. Ümit Yazıcıoğlu

 

Gemäß einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17. Oktober 2019 (3 StR 521/18) ist festgelegt, dass ein Gehilfe einer Hehlerei strafrechtlich für Beihilfe zur gewerbs-mäßigen Bandenhehlerei belangt werden kann, selbst wenn der Haupttäter nicht alle speziellen Vorausset-zungen wie Gewerbsmäß-igkeit oder Bandenmitglied-schaft erfüllt. Entsprechend gilt dies auch für die Beihilfe zur banden- und gewerbs-mäßigen Urkundenfälsch-ung.

 

Im vorliegenden Fall schloss sich der Angeklagte A mit drei weiteren Personen zusammen, um durch den Diebstahl von PKWs, Manipulation der Fahrzeugidentifikationsnummern (FIN) und den Verkauf der Fahrzeuge eine Einkommensquelle zu erschließen. Obwohl A nur in vier Fällen direkt am Verkauf beteiligt war und in fünf Fällen lediglich die Zulassung organisierte, erhielt er in jedem Fall eine feste Provision. Für diese Handlungen wurde A vom Landgericht wegen mittäterschaftlicher Beteiligung an gewerbsmäßiger Bandenhehlerei und bandenmäßiger Urkundenfälschung verurteilt.

 

Der BGH stellt jedoch fest, dass die Annahme der Mittäterschaft in den Fällen, in denen A nicht selbst am Verkauf beteiligt war, nicht gerechtfertigt ist. In diesen Fällen könnte A lediglich der Beihilfe zur Hehlerei der Verkäufer schuldig sein. Die zentrale Frage ist daher, ob A wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Bandenhehlerei verurteilt werden kann, obwohl der Haupttäter nicht sämtliche Merkmale von Gewerbsmäßigkeit und Bandenmitgliedschaft erfüllt hat.

 

I. Mittäterschaftliches Absetzen oder Beihilfe hierzu?

 

A war in keiner Weise an den vorhergehenden Straftaten (den Diebstählen) beteiligt, was bedeutet, dass er grundsätzlich nicht als Täter einer gewerbsmäßigen Bandenhehlerei (§§ 259 I, 260a I StGB) angesehen werden kann. Um als Täter zu gelten, müsste er jedoch zumindest gemeinschaftlich eine gestohlene Sache weiterverkauft haben. Die Tathandlung des Absetzens erfordert eine eigenständige wirtschaftliche Verwertung der Sache gegen Entgelt im Interesse des eigentlichen Täters (vgl. BGH NJW 1976, 1950). Der entscheidende Unterschied zur bloßen Absatzhilfe liegt darin, dass der Hehler den Vortäter aktiv unterstützt, indem er die gestohlene Ware weiterverbreitet. Dies würde zweifellos den Verkauf der Sache im Auftrag des Vortäters einschließen. In diesem Fall jedoch hat A in vielen Fällen lediglich durch die Zulassung der Fahrzeuge einen wesentlichen Beitrag geleistet, der jedoch entscheidend für den Verkauf an ahnungslose Käufer war. In solchen Fällen wäre eine gemeinschaftliche Zurechnung der Verkaufshandlungen möglich gewesen, da für Mittäterschaft nicht zwingend eine direkte Ausführungsherrschaft oder physische Anwesenheit am Tatort erforderlich ist. Vielmehr genügt eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung, wenn diese in ihrer Gesamtheit so bedeutsam ist, dass der Verlauf und das Ergebnis der Tat erheblich vom Willen des Beteiligten abhängen.

 

Entscheidend sind dabei das Ausmaß des persönlichen Interesses an der Tat, der Umfang der Beteiligung und der Grad der Kontrolle oder des Einflusses auf die Tat. Im vorliegenden Fall muss jedoch die Annahme einer Mittäterschaft nach Ansicht des Gerichts zweifelhaft bleiben, da der Senat die Beweiswürdigung des Ausgangsgerichts nicht teilen konnte. Es wurde nicht überzeugend dargelegt, dass zwischen den Bandenmitgliedern und dem Dritten, der die Fahrzeuge verkauft hat, ein gemeinsamer Tatplan im Sinne von § 25 II StGB bestand.

 

II. Bandenmitgliedschaft und Gewerbsmäßigkeit (§ 28 II)

 

Im Gegensatz zu § 244 I Nr. 2 sieht die Bandenhehlerei gemäß §§ 260, 260a auch die Beteiligung einer gemischten Bande aus Dieben und Hehlern vor. Diese Konstellation ist nicht unproblematisch, da § 260 nicht zwingend die Mitwirkung anderer Bandenmitglieder voraussetzt. Ein Hehler kann daher auch dann nach § 260 I Nr. 2 bestraft werden, wenn kein anderes Bandenmitglied an der konkreten Tat beteiligt ist, solange die Tat im Rahmen der Bandenabrede begangen wird (vgl. MüKo-StGB/Maier § 260 Rn. 13ff.). Nach herrschender Meinung ist für eine gemischte Bande der Zusammenschluss von mindestens drei Personen zur gemeinsamen Ausführung der Tat erforderlich (vgl. BGHSt 46, 321). Es genügt, wenn ein Bandenmitglied lediglich Verwertungshandlungen im Rahmen der Bandenabrede übernimmt. A könnte daher als Mitglied einer Bande angesehen werden, selbst wenn T und G die Fahrzeuge allein gestohlen haben und A lediglich an der Verwertung beteiligt war.

 

In den Fällen, in denen A lediglich den Verkauf gemäß § 27 gefördert hat und der Verkäufer selbst kein Bandenmitglied war, stellt sich die Frage, ob er dennoch Beihilfe zur Bandenhehlerei nach § 28 II geleistet hat. Nach umstrittener Ansicht soll die Bandenmitgliedschaft als ein persönliches Merkmal gemäß § 28 II StGB nicht anwendbar sein. § 28 II soll sicherstellen, dass die Strafbarkeit nicht allein aufgrund persönlicher Merkmale erfolgt, die das Unrecht maßgeblich bestimmen und die hauptsächlich mit der Person des Täters verbunden sind. Wenn ein Täter streng nach den Tatbestandsmerkmalen bestraft würde, würde nicht berücksichtigt werden, dass diese persönlichen Merkmale eine besondere Pflichtenstellung beschreiben, die der Teilnehmer selbst nicht innehat. Aus diesem Grund durchbricht § 28 II die Akzessorietät auf Tatbestandsebene für "besondere persönliche Merkmale", die entweder die Strafbarkeit mildern oder verschärfen können, indem er hypothetisch prüft, welcher Tatbestand bei täterschaftlicher Begehung in der Person des Beteiligten vorliegen würde (Tatbestandsverschiebung oder "Auswechslung" des Tatbestands).

 

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass Umstände, die die besondere Gefährlichkeit des Täterverhaltens oder die Ausführungsweise der Tat beschreiben, tatbezogene Merkmale sind. Die Abgrenzung zwischen persönlichen und tatbezogenen Merkmalen sollte anhand der Schutzrichtung des jeweiligen Tatbestands erfolgen. Trotz der Argumentation könnte es schwierig sein, die Bandenmitgliedschaft einem persönlichen Merkmal zuzuordnen, da dieses Merkmal gerade die besondere Organisationsstruktur und damit tatbezogene Aspekte einer Bande legitimiert. Dennoch wird zu Recht § 28 II auf Bandenmitgliedschaft angewendet, so dass A wegen Beihilfe zur Bandenhehlerei bestraft werden kann, obwohl der Verkäufer als Nichtbandenmitglied nur nach § 259 strafbar wäre.

 

Im Hinblick auf das besondere persönliche Merkmal der Gewerbsmäßigkeit könnte jedoch eine andere Betrachtung nach § 260a gerechtfertigt sein, da dieser Tatbestand ein gewerbsmäßiges Handeln als Mitglied einer Bande erfordert. Es lässt sich daher argumentieren, dass hier eine objektive Professionalität als besonderes Tatgefahrmerkmal anzusehen ist, was für den Gesetzgeber bei der Kriminalitätsverbindung von Banden und Gewinnstreben maßgeblich war.

 

24 Haziran 2024, Seoul - Coex

 

 

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